Kleine Bühne

An der Stelle eines abgerissenen Prager Hauses aus dem 17. Jahrhundert ließ der Verein Deutsches Haus, früher Deutsches Casino, im Jahr 1908 das Vereins- und Mietshaus „Zu den drei Reitern“ errichten. Dieses neue Gebäude, entworfen von dem bedeutenden Architekten Josef Zasche (1871–1957), stellte ein Beispiel für geometrischen Jugendstil dar und wurde zu einem markanten Element der Prager Architektur. In den Giebel des Neubaus wurde das Wappen des ursprünglichen Barockbaus, das drei Reiter darstellt, sorgfältig übertragen.

Das ursprüngliche Barockhaus „Zu den drei Reitern“, dessen Giebel auch auf das neue Gebäude übertragen wurde.

In den Jahren 1923 bis 1924 wurde das Gebäude „Zu den drei Reitern“ umfassend renoviert und in ein Theater umgewandelt. Der bestehende Saal wurde in eine Theaterbühne umgebaut und erhielt einen neuen Eingang, der mit einem dreieckigen Giebel verziert war.

Das Interieur wurde so gestaltet, dass es ein Foyer auf der einen Seite und eine Bühne auf der anderen Seite umfasste, und zwar in einem zurückhaltenden neoklassizistischen Stil, der für die 1920er Jahre typisch war.

Im Jahr 1929 wurde das Theater um einen zweistöckigen Anbau nach den Entwürfen des Architekten Alfred Pollak erweitert. Dieser neue funktionalistische Anbau diente als Hinterbühne und bot die notwendigen Räumlichkeiten für den Theaterbetrieb.

In den Jahren 1921 bis 1944 fungierte die Kleine Bühne als Nebenspielstätte des Neuen Deutschen Theaters. Aufgrund ihrer kleineren Größe konzentrierte sich das Theater auf kleinere Inszenierungen mit kleinerer Besetzung, wodurch es sich von den größeren Prager Theatern unterschied. Unter der Leitung von Leopold Kramer wurde die Kleine Bühne zu einem Zentrum des Schauspiels mit einem Schwerpunkt auf Werken vor allem deutscher und österreichischer Dramatiker. Klassische Dramen wurden oft für die intime Umgebung des Theaters adaptiert, während Opern nur selten aufgeführt wurden (nur vier Inszenierungen während der gesamten Existenz des Theaters).

Der Dramaturg Hans Demetz spielte eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung des kulturellen Profils der Kleinen Bühne. Er führte die „Kammerspiele“-Zyklen ein, die zeitgenössische Dramen präsentierten und das Repertoire des Theaters maßgeblich beeinflussten. Darüber hinaus gründete Demetz die Zeitschrift Blätter der deutschen Kammerspiele, die als Programm diente und kurze Studien zu den Aufführungen enthielt. Das Theater konzentrierte sich auch auf expressionistische Dramen von Autoren wie Walter Hasenclever und Georg Kaiser und nahm Werke zeitgenössischer Prager deutschsprachiger Autoren wie Oskar Baum, Max Brod und Paul Leppin in sein Repertoire auf.

Neben Theatervorstellungen organisierte die Kleine Bühne auch verschiedene Vorträge und kulturelle Veranstaltungen, darunter einen Gedenkabend für Franz Kafka im Jahr 1924, womit sie ihre Rolle als kulturelles und intellektuelles Zentrum Prags unterstrich. Während des Zweiten Weltkriegs blieb das Theater trotz des anhaltenden Konflikts bis zur Schließung aller Kultureinrichtungen im August 1944 in Betrieb. Im Jahr 1941 wurde das Theater erneut renoviert und in Kammerspiele umbenannt. Nach dem Krieg wurde das Theater konfisziert und in das Theater der Jungen Pioniere umgewandelt. Leider wurde das Theater im Jahr 1999 während der Renovierung des Slovanský dům (Slawisches Haus) abgerissen.