Kino Koruna

Das Lichtspielhaus Koruna („Krone“) wurde am 23. Oktober 1914 eröffnet. Dieses Kino im Stadtzentrum wurde vom Architekten Ladislav Machoň entworfen und zeichnete sich durch seine unterirdische Lage im Kellergeschoss des Gebäudes aus. Dies war für die damalige Zeit ein ungewöhnliches Merkmal, da sich die meisten Kinos auf Straßenniveau befanden. Mit einer Kapazität von über vierhundert Zuschauern etablierte sich Koruna schnell als eines der Zentren der Prager Filmunterhaltung.

Der Gründer und Besitzer des Koruna sowie dreier weiterer Premierenkinos war Osvald Kosek. Osvald Kosek, geboren am 13. März 1876 in Hradec Králové als Oswald Kohn, war der mittlere Sohn von Emanuel und Mathilde Kohn. Er stammte aus bürgerlichen Verhältnissen; sein Vater war Spirituosenhändler. Nach dem Abschluss der Handelsakademie in Prag arbeitete Kosek als Bankangestellter bei der Česká Union. Sein Interesse an der Amateurfotografie führte ihn schließlich zu einer Karriere in der Filmbranche. Im Jahr 1910 besaß Kosek das Kino „U Deutschů“ im Prager Stadtteil Libeň, obwohl Details zu diesem Unternehmen spärlich sind. Am 23. Oktober 1914 eröffnete er das Kino Koruna am Wenzelsplatz. Sein zweites Kino, Hvězda (Stern), wurde am 27. Oktober 1922 ebenfalls am Wenzelsplatz eröffnet. Das dritte Kino, Adria, eröffnete er am 18. März 1925 an der Nationalstraße im Riunionský-Palast. Sein letztes Kino, Alfa, wurde am 6. Dezember 1929 im Stýbl-Palast am Wenzelsplatz eröffnet. Koseks Kinos waren Teil der Vereinigung der Premierenkinos im Zentrum Prags, bekannt für ihr abwechslungsreiches Programm und ihre moderne Ausstattung. Die Kinos Adria und Alfa gehörten zu den Spitzenkinos, die in der ersten Vorführwoche Blockbusterfilme zu den höchsten Eintrittspreisen zeigten. Hvězda und Koruna hingegen boten „erweiterte Premieren“ an, ein Euphemismus, der es ermöglichte, die Vorstellungen nicht als Wiederholungen zu kennzeichnen.  Im Frühjahr 1939 musste Kosek aufgrund seines jüdischen Ursprungs emigrieren. Über Portugal kam er im September 1941 in New York an, wo er bis zu seinem Tod am 9. April 1960 lebte.

Seit seiner Gründung zeichnete sich Koruna durch moderne Ausstattung und hochwertige Projektionen aus. Sein abwechslungsreiches Programm umfasste Kriminalfilme, Abenteuer, Komödien und Grotesken. Besonders bekannt war es für die Aufführung von Detektivfilmen, darunter vor allem die Filme mit Ernst Reicher in der Rolle des Stuart Webbs. Nach dem Ersten Weltkrieg erweiterte das Kino sein Angebot um Western- und Abenteuerfilme und zeigte gelegentlich hochgeschätzte Filme wie „Die Geburt einer Nation“ von D.W. Griffith oder „The Kid“ von Charles Chaplin.

Im Jahr 1930 wurde das Koruna eines der ersten Kinos in der Tschechoslowakei, das Tonfilme vorführte, womit es seine Position als Vorreiter bei der Einführung neuer Filmtechnologien festigte. Diese Innovation zog ein großes und loyales Publikum an und sicherte dem Kino anhaltenden Erfolg. Am 4. Juni 1934 erreichte das Kino einen Meilenstein, indem es als erstes Kino in der Tschechoslowakei einen ins Tschechische synchronisierten Film zeigte, und zwar den amerikanischen Film „Call of the Wilderness“.
Im März 1936 kam es zu einer bedeutenden Änderung im Programm des Kinos. Es spezialisierte sich nun auf die Vorführung von Wochenschauen und informativen Kurzfilmen. Das Tagesprogramm, das von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr lief, umfasste verschiedene Magazine, Reportagen, Grotesken und Kulturfilme von Produzenten wie Paramount, PDC, Československý týdeník oder UFA. Zudem zeigte das Koruna regelmäßig auch Farb-Slapstick-Komödien aus Walt Disneys Serie „Silly Symphony“ (1929–1939) und „Happy Harmonies“ (1934–1938) von MGM.


Im Jahr 1937 hatten die Zuschauer im Koruna die Möglichkeit, historische Ereignisse wie die Krönung des englischen Königs Georg VI. und das Begräbnis des tschechoslowakischen Präsidenten T.G. Masaryk mitzuerleben. Das Kino blieb dem jungen Publikum zugänglich, da es als eines der wenigen Orte Vorführungen für junge Zuschauer ermöglichte.


Im Koruna-Palast befanden sich zudem Bäder mit separaten Öffnungstagen für Männer und Frauen, die auch Treffpunkte der Prager Queer-Szene während der Ersten Republik waren und ein luxuriöner Schönheitssalon. Am bekanntesten war aber das Selbstbedienungsrestaurant Automat Koruna. Diese Automatenrestaurants kamen ohne Kellner aus und ermöglichten den Kunden, nach Einwurf einer Münze, sich selbst mit Getränken oder belegten Brötchen zu versorgen. Der Automat in Palast Koruna wurde 1931 eröffnet und revolutionierte die Essgewohnheiten aller Schichten der Prager Bevölkerung.

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