Neuer Jüdischer Friedhof
Die Geschichte jüdischer Friedhöfe und Bestattungen in Prag und den böhmischen Ländern ist eng mit der Änderung der sozialen und rechtlichen Stellung der jüdischen Gemeinschaft verbunden. Seit dem Mittelalter befanden sich jüdische Friedhöfe an anderen Orten als die Begräbnisstätten der übrigen Bevölkerung, in mehreren Fällen am Rande von Gemeinden oder Städten. Dies geschah oft auf Anordnung der Obrigkeit.
Während der Habsburgermonarchie kam es 1787 zu einer grundlegenden Änderung, als aus hygienischen Gründen das Bestatten innerhalb der städtischen Gebiete verboten wurde. Dies führte zur Gründung neuer Friedhöfe außerhalb der Bebauung, einschließlich der jüdischen Friedhöfe. Dadurch entstanden neue jüdische Friedhöfe in größerer Entfernung vom Stadtzentrum.
In Prag entstand ein Netzwerk jüdischer Friedhöfe, von denen zwei besonders bekannt sind: der Alte Jüdische Friedhof in Josefov und der Neue Jüdische Friedhof in Olšany. Diese gehören zu den bedeutenden Sehenswürdigkeiten der Stadt und werden jährlich von Tausenden Touristen besucht. Der Alte Jüdische Friedhof in Josefov, der im 15. Jahrhundert gegründet wurde, gilt heute als einer der bedeutendsten jüdischen Friedhöfe in Europa, obwohl seine Fläche nicht einmal einen Hektar umfasst. Der Neue Jüdische Friedhof wurde 1890 gegründet, um ältere jüdische Friedhöfe, wie den in der heutigen Fibichova-Straße, zu ersetzen. Dieser Friedhof befindet sich heute unmittelbar unter dem Prager Fernsehturm in Žižkov.
Der Prager Neue Jüdische Friedhof liegt direkt an der Metrostation „Želivského“ der Linie A und erstreckt sich über eine Fläche von 74.037 m² an den Straßen Želivského und Nad Vodovodem. Er wurde für etwa 100.000 Gräber konzipiert. In den 1920er Jahren und nochmals 1933 wurde der Friedhof um einen Urnenfriedhof mit eigener Trauerhalle erweitert. Auf dem Friedhof befinden sich zwei Trauerhallen: eine ursprünglich im Neorenaissancestil und die andere, aus dem Jahr 1933, im funktionalistischen Stil erbaut.
Der Friedhof ist in Abschnitte unterteilt, die nach und nach mit Gräbern gefüllt wurden. Ein Spaziergang über den Friedhof bietet daher einen Überblick über die aufeinanderfolgenden Stile der Grabmäler und Denkmäler der Verstorbenen: von der Neogotik über die Neorenaissance, die Prager und Wiener Secession, den Klassizismus, Purismus und Konstruktivismus bis hin zur Gegenwart. Der Friedhof wird bis heute für Bestattungen genutzt. Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten, die auf dem Neuen Jüdischen Friedhof begraben sind, gehört zweifellos Franz Kafka, der bedeutende Prager deutschsprachige Schriftsteller, dessen Werke einen enormen Einfluss auf die Literatur des 20. Jahrhunderts hatten. Sein Grab ist ein Ziel für Literaturliebhaber aus der ganzen Welt. Neben Kafka ruhen hier viele weitere bedeutende Persönlichkeiten, darunter Vertreter der Wissenschaft, Kunst und Politik, die zur Entwicklung der tschechischen und weltweiten Kultur und Gesellschaft beigetragen haben.
Der Neue Jüdische Friedhof ist von 9 bis 16 bzw. 17 Uhr geöffnet. Freitags ist er nur bis 14 Uhr geöffnet, und am Schabbat (Samstag) sowie an jüdischen Feiertagen bleibt er geschlossen. Besucher sollten den pietätvollen Charakter des Ortes respektieren, und Männer sollten eine Kopfbedeckung tragen. Auf jüdische Gräber werden traditionell kleine Steine statt Blumen gelegt. Dieser Brauch hat tiefe Wurzeln im antiken Israel, wo Gräber mit großen Steinen bedeckt wurden, um sie vor wilden Tieren zu schützen. Vorbeiziehende Pilger legten weitere Steine zur Erinnerung nieder.
Dieses Thema entstand dank der Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds im Jahr 2024.
Zusammengefasst von: Zuzana Schreiberová und Ivan Podola
Thema Orte
Siehe auch
Wo deutsch schreibende SchriftstellerInnen unterwegs waren
Das Thema stellt fünf deutsche AutorInnen vor, die in ihren Büchern Prager Straßen, Ecken oder Bewohner beschrieben haben.
Prager Kinos und Lichtspielhäuser
Das Prag der Zwischenkriegszeit war eine Filmmetropole, nicht nur in den böhmischen Ländern, sondern in ganz Europa.
SoPaDe
Deutsche Sozialdemokratie im Exil in der Tschechoslowakei.